Tilidin ist eine synthetisch hergestellte Substanz, welche zur Schmerzbehandlung eingesetzt wird. Der Wirkungsgrad liegt im Vergleich zu Morphium bei ca. 20% und gehört somit, wie z.B. Tramadol, zu den schwächer wirksamen Opioiden. Das Sucht- und Abhängigkeitspotenzial wird trotzdem häufig unterschätzt.
Tilidin wurde in den 1970er Jahren als Valoron® bekannt und war die «legale Alternative» zu Heroin. Anders als in der Schweiz, ist Tilidin in Deutschland und Österreich (als Valoron® N) nur als Kombipräparat mit Naloxon, einem Opioid - Antagonisten erhältlich. Durch die Beigabe von Naloxon soll Tilidin seine Wirkung bei höherer Dosierung verlieren und so das Missbrauchsrisiko verringern. Die Einführung von Valoron® N vermochte den Tilidin-Missbrauch zwar insgesamt zu senken, es gab jedoch immer wieder Hinweise, dass Valoron® N als Ausweichmittel weiterhin missbraucht wurde.
Das Schmerzmedikament ist in Form von Tabletten, Tropfen und Retardtabletten erhältlich. Die empfohlene maximale tägliche Gesamtdosis beträgt 400 mg. Tilidin ist verschreibungspflichtig und gilt als Betäubungsmittel.
Die Wirkung von Tilidin-Tropfen tritt nach oraler Gabe bereits nach 5 - 10 min ein (bei Tilidin-Tabletten etwas später) und hält ca. 4 - 6 Stunden an (bis zu 12 Stunden bei Retardtabletten). Der Wirkmechanismus beruht auf einer Stimulierung von µ-Opioidrezeptoren des zentralen Nervensystems (Vermittlung von Effekten wie Euphorie, Schmerzlinderung, Herabsetzung der Atmung etc.) durch Nortilidin.
Tilidin wird nach oraler Einnahme schnell und vollständig (99%) über den Darm resorbiert und unterliegt einem intensiven First-Pass-Effekt (Verstoffwechselung eines Medikaments in der Leber nach Resorption im Magen-Darm-Trakt), was zu einem raschen Anfluten der eigentlichen Wirksubstanz, Nortilidin, im Organismus führt. Durch weiteren Abbau entstehen Bis-Nortilidin sowie eine Reihe weiterer Stoffwechselprodukte (Metaboliten), die keine medikamentösen Effekte aufweisen. Tilidin und seine Metaboliten werden zu 90% über die Niere ausgeschieden.
Neben der schmerzstillenden Wirkung berichten Konsumenten von Euphorie, Entspannung, Erleichterung und einem gesteigerten Selbstwertgefühl als «attraktive» Medikamentenwirkungen.
Eine Tilidin-Abhängigkeit entsteht schleichend. Am Anfang der Einnahme stehen häufig chronische Schmerzen oder eine missbräuchliche Einnahme. Hauptgründe für eine wiederholte Zufuhr des Medikaments sind die erwünschten Effekte wie Schmerzlinderung und besonders die psychische Erleichterung durch euphorisierende Wirkungen.
Mit der Zeit passt sich der Organismus an die Dauerzufuhr des Opioids an. Es entsteht eine Opiattoleranz. Die Gewöhnung verlangt nach immer höheren Dosen um den gleichen Effekt zu erhalten. Infolgedessen wird die Dosis nicht selten schrittweise, auf deutlich mehr als die empfohlene maximale therapeutische Empfehlung erhöht.
Das Absetzen der Substanz nach einiger Zeit (z.B. zur Überprüfung des Schmerzbildes) kann, zumeist auch unerwartet, zu körperlichen und psychischen Entzugssymptomen führen. Mit anfänglich nur leichten, mit Dauer des Ausbleibens aber immer stärkeren Symptomen verlangt der Körper nach erneuter Zufuhr von Tilidin-Präparaten. Diesem heftigen, auch psychischem Verlangen wird dann meistens wieder entsprochen.
Die Angst vor Entzugssymptomen, erneut auftretende Schmerzen oder die Vermeidung von psychischem Unwohlsein nötigt viele Menschen mit einer Tilidin-Abhängigkeit oft zu einer chronischen Einnahme.
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg aus diesem Dilemma bietet der ESCAPE Tilidin-Entzug.
Die richtige Vorbereitung, das ESCAPE-Entzugsverfahren und angepasste Medikation auch in der Nachsorge verringern die Dauer, wie auch die Intensität zermürbender Entzugssymptome selbst bei hoher Dosierung und jahrelanger Einnahme. Die Alternative zum Ausstieg bedeutet nur allzu oft eine chronische Tilidin-Abhängigkeit ohne Perspektive.
Gerne beraten wir Sie im Vorfeld einer Behandlung, wie sie auch eine höhere Dosierung schrittweise reduzieren können. Denn erfahrungsgemäss erhalten Menschen mit einer Tilidin-Abhängigkeit bei der Umsetzung dieses Vorhabens oft wenig bis gar keine Unterstützung.
Beim Tilidin-Entzug setzen die ersten Symptome schon nach einigen Stunden ein. Der Hauptteil des Entzugs dauert für gewöhnlich ca. drei Tage. Während dieser Zeit sind folgende Symptome möglich: Schwitzen, Gähnen, Tränenfluss, Appetitlosigkeit, Restless-Legs-Syndrom, Übelkeit, Erbrechen, Zittern, Stimmungsschwankungen, Ängste, Schlafstörungen, Tachykardie, arterielle Hypertonie, Unruhe, Dysphorie, Durchfall und anhaltendes Substanzverlangen (craving).
Mit unserer fachlich kompetenten Unterstützung können Sie diesen Entzug bewältigen. Die Entzugssymptome werden sofort nach Klinikeintritt durch den Einsatz des Neuro Jet®-Stimulators zuverlässig abgeschwächt. Der weitere Verlauf wird, zusätzlich zur Endorphin-Stimulation, mit situationsgerechter Medikation sowie persönlicher Unterstützung (auch während der Nacht) erheblich erleichtert. Der schwierigste Teil des Entzugsgeschehens ist zumeist nach ca. 3 Tagen geschafft und die Erholungsphase setzt ein. Am 4. Tag besuchen wir mit unseren Klinikgästen bereits ein Thermalbad. Das warme Wasser trägt auch dazu bei, etwaige noch leicht vorhandene Entzugssymptome günstig zu beeinflussen und die neugewonnene Freiheit bereits etwas zu geniessen.
Allfällig verbleibende leichte Entzugserscheinungen können in Abhängigkeit der Applikationsform, der eingenommenen Menge, des Alters und der Dauer des Konsums stark variieren. Durch eine gesunde Lebensweise werden die Selbstheilungskräfte des Körpers die Leistungsfähigkeit jeden Tag ein weiteres Stück wieder herstellen. Die dazu nötige Geduld und das nötige Vertrauen in die eigenen Möglichkeiten begünstigen diesen Prozess.
Wichtiger Punkt: Durch den Wegfall des Betäubungsmittels werden sie nüchtern! Je nach Situation des Betroffenen ist das ein schwieriger oder überwältigender Prozess. Sie werden empfindlicher, die Wahrnehmung wird intensiver und die verschiedenen Emotionen sind deutlicher erlebbar («Auftauen der Seele»).
Gerne klären wir mit ihnen zusammen in einem persönlichen Gespräch die Voraussetzungen ab. Dabei spielen Faktoren wie allgemeine Lebenssituation (Beziehungen, Arbeit), Gesundheitszustand (psychiatrische Diagnosen, chronische Schmerzen), Lebensalter, Menge, Applikationsform und Einnahmedauer der Substanz sowie Motivation zur Veränderung eine wichtige Rolle. Es sollte vor jeder Entzugsbehandlung ein klares Ziel in Bezug auf die Perspektiven bestehen. Dazu gehört z.B. eine einwandfreie somatische Vorabklärung, insbesondere bei Patienten und Patientinnen, die aufgrund einer Schmerztherapie eine Tilidin-Abhängigkeit entwickelt haben.
Ein Entzug kann ab einer Dosierung von ca. 600 mg / Tag stattfinden. Sollten Sie aktuell höher dosiert sein, fragen Sie uns an. Wir beraten Sie gerne, wie sich auch dieses Problem lösen lässt.
Tilidinhaltige Medikamente sind unter verschiedenen Handelsnamen (länderspezifisch von einem bestimmten Hersteller gekennzeichnet und vertrieben) erhältlich:
Übelkeit und Erbrechen, Schwindel, Benommenheit, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Nervosität und vermehrtes Schwitzen.